Der Verlorene Guy de Maupassant und die Tortur der Seele von Jörg Auberg In Raymond Jeans Roman La Lectrice (1986, dt. Die Vorleserin) versucht die arbeitslose Ex-Studentin Marie-Constance1, mit der Gründung einer Ich-AG als Vorleserin in einer französischen Kleinstadt sich zu etablieren. Ihr ehemaliger Professor Roland empfiehlt ihr für ihr »Metier« die...
Richard Brautigan: Forellenfischen in Amerika
Trouvailles (I) Vom Spiel mit dem Buch als Buch Nachbetrachtungen zu Richard Brautigans Roman »Forellenfischen in Amerika« von Jörg Auberg Kürzlich erstand ich in dem exquisit bestückten Versandantiquariat Abendstunde, das von Wolfgang Schäfer in Ludwigshafen betrieben wird, ein Exemplar von Richard Brautigans Roman Forellenfischen in Amerika, der 1971 in der...
Richard Ford: Valentinstag
Endstation Realismus Richard Fords Pentalogie über die Mittelschichtsdämmerung von Jörg Auberg In seinem drei Jahre vor seinem selbstgewählten Tod erschienen Essay Was wird Literatur? im Jahre 2001 hielt der Literaturkritiker Lothar Baier der zeitgenössischen Literatur einen »quietistischen Biedersinn« vor. »Kritik im Sinn fundamentaler, von analytischem...
Mordecai Richler — Eine Straße in Montreal
Erinnerung und Befreiung Mordecai Richlers autobiografische Erzählungen über St. Urbain von Jörg Auberg Das Montrealer Viertel um die St. Urbain Street war – dem kanadischen Filmregisseur Ted Kotcheff zufolge – für Mordecai Richler das, was für William Faulkner Yoknapatawpha war: seine Domäne der Erinnerung und literarischen Fiktion.1 Hatte er sich in seinem...
Philip Oltermann: The Stasi Poetry Circle
Der Club der roten Dichter Philip Oltermann erzählt die seltsame Geschichte eines Stasi-Poeten-Zirkels Wie aus grauer Vorzeit wabern diese Worte in die Gegenwart. »In einer Welt«, schrieben Max Horkheimer und Theodor W. Adorno 1950, »in der die Gedanken mehr als je in Zweckzusammenhänge verflochten sind, genügt es nicht vom Frieden zu reden. Man muß fragen, wer vom Frieden...
Helmut Böttiger — Die Jahre der wahren Empfindung
Das Verschwinden der Dialektik Helmut Böttigers »Jahre der wahren Empfindung« von Jörg Auberg »Wer nur etwas von Literatur versteht, versteht auch davon nichts.« Lothar Baier 1 Die Erinnerung an die literarischen 1970er Jahre in Deutschland verbindet sich zum einen mit »Großschriftstellern« wie Heinrich Böll, Günter Grass, Arno Schmidt oder Uwe Johnson und zum...
Gustave Flaubert — Literatur und Neurose
Männer vom Meer
Harry Blomberg: Männer vom Meer. Eine Erzählung von den Färöern. Aus dem Schwedischen von Ernst Fall Durchgesehen von Klaus-Jürgen Liedtke. Als der schwedische Autor Harry Blomberg im Jahre 1950 im Alter von 56 Jahren starb, erschien selbst in der New York Times am 2. Februar 1950 eine kurze Notiz: »Harry Blomberg, schwedischer Autor« habe zunächst als...
Ulrich Alexander Boschwitz — The Passenger
Nanni Balestrini — Der Verleger
Der Nebel des Grauens Über Nanni Balestrini, Giangiacomo Feltrinelli und verbrannte Hoffnungen Von Jörg Auberg Plötzlich war er verschwunden. Der Text Nanni Balestrinis sollte etwas über die »Generation von 1977« berichten, die Brücke von vergangenen Kämpfen zu den Möglichkeiten der »Widerständigkeit« in der Gegenwart und darüber hinaus schlagen. Das Buch »Where Have...
Herman Melville — Moby-Dick
Die See als Totenklage Ernst Schnabels Moby-Dick-Variationen Von Jörg Auberg Von Moby-Dick hatte Joseph Conrad keine hohe Meinung. »Kürzlich hatte ich Moby Dick [sic!] in der Hand«, schrieb er im Januar 1907 an Humphrey Milford. »Auf mich wirkte es wie eine ziemlich gezwungene Rhapsodie, die den Walfang zum Gegenstand hat und in den gesamten 3 Bänden nicht eine einzige...
Costas Despiniadis: The Anatomist of Power und Peter Kuper: Kafkaesque
Kafka Revisited Costas Despiniadis und Peter Kuper entdecken die Kafka-Welt aufs neue Von Jörg Auberg »Ich verstehe nichts von Politik«, sagte Karl. »Das ist ein Fehler«, sagte der Student. Franz Kafka, Der Verschollene1 In seinen »Aufzeichnungen zu Kafka« (die in den Jahren zwischen 1942 und 1953 entstanden) bemerkte Theodor W. Adorno, dass Kafkas Werk...
Maike Albath: Trauer und Licht
Die Insel als Gegenraum Maike Albath untersucht die Literatur Siziliens Von Jörg Auberg »Von den Inseln kann man sich nicht entfernen, höchstens fliehen, oder man möchte sie nie mehr verlassen.«1 Simone Perotti, Atlas der Mittelmeerinseln Auf seiner italienischen Reise insistierte Goethe in Palermo im April 1787, dass Italien ohne Sizilien kein Bild in der Seele mache:...
Aus den Archiven: Maike Albath — Rom, Träume
Von Mussolini zu Berlusconi In ihrem Buch Rom, Träume schildert Maike Albath die Entwicklung der italienischen Kultur vom Ende des Faschismus zu einer von Medienkonglomeraten beherrschten Gesellschaft. von Jörg Auberg Nach dem Untergang des Faschismus in Italien weste das Unheil fort. Cinecittà – 1937 von Benito Mussolini als filmische Propagandafabrik unter dem...
Richard Fariña: Been Down So Long It Looks Like Up To Me
Live Fast, Die Young Der Schriftsteller und Musiker Richard Fariña kehrt aus dem Totenreich zurück Von Jörg Auberg »Natürlich war es ein Unfall«, sagte er. »Das weiß ich.«1 Ernest Hemingway, »Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber« Am 30. April 1966 – es war der 21. Geburtstag seiner Frau Mimi Baez – brach Richard Fariña mit einem Gast der Geburtstagsgesellschaft...
Andrej Platonow: Tschewengur
Die Utopie in den Augen toter Fische Andrej Platonows jahrzehntelang verbotener Roman Tschewengur liegt in einer überarbeiteten Neuausgabe vor Von Jörg Auberg Im Jahre 1927 feierten die sowjetischen Machthaber ihr »Oktober«-Jubiläum mit einer Heroisierung ihrer zehnjährigen Herrschaft. In Filmen wie Oktober (Sergej M. Eisenstein), Das Ende von Sankt Petersburg...
Gustave Flaubert: Der Bouvard-Pécuchet-Werkkomplex
Missgeschicke und Lichtblicke Gustave Flauberts Werkkomplex Bouvard und Pécuchet Von Jörg Auberg Viele Jahre seines Lebens verbrachte Gustave Flaubert mit dem Romanprojekt Bouvard et Pécuchet, ohne dass er es vor seinem Tod im Mai 1880 zu einem Ende bringen konnte. In der Interpretation Jean-Paul Sartres verlor sich Flaubert bei der Schöpfung dieses »Werkkomplexes« mit...
Joseph Conrad: Die Schattenlinie
In falscher Verkleidung Joseph Conrads Roman »Die Schattenlinie« liegt in einer Neuübersetzung vor Von Jörg Auberg An Joseph Conrads Roman Die Schattenlinie faszinierte Giuseppe Tomasi di Lampedusa die Evokation eines kaum fassbaren Bannfluches natürlicher und fantastischer Kräfte. »In The Shadow Line verfolgen wir gebannt«, schrieb Lampedusa, »wie ein...
Upton Sinclair: Boston
Vom Sterben zweier »obskurer Radikaler« Upton Sinclairs Roman Boston liegt in einer deutschen Neuübersetzung vor Von Jörg Auberg Am Abend des 23. August 1927, nachdem in Charlestown (Massachusetts) die beiden italienischen Anarchisten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet worden waren, entluden sich am rechten Seine...
Andrej Platonow: Die Baugrube
Die Schwermut der Vergeblichkeit Andrej Platonows Roman Die Baugrube liegt in einer deutschen Neuübersetzung vor Von Jörg Auberg Als die Große Depression die westliche Welt ergriff, galt vielen das »sowjetische Experiment« als Gegenentwurf zur kapitalistischen Herrschaft. In der westlichen Imagination war dort die Utopie einer anderen, besseren Gesellschaft am Werk...