Der demokratische Tod Thomas Manns »Jahrhundertroman« Der Zauberberg von Jörg Auberg »Der Faschismus ist greisenhaft und böse, in jeglicher Gestalt.« Hans Mayer1 Rückblicke auf den Zauberberg IIm Herbst 1924 erschienen die beiden Bände des Romans Der Zauberberg, die – mit den Worten Thomas Manns in einer Einführung des Werkes für Studenten an der Princeton University im...
Leonardo Sciascia: Die Affaire Moro
Die Geschichte Aldo Moros in seiner letzten Lebensphase reflektiert Leonardo Sciascia durch literarische Prismen (wie Pier Paolo Pasolini, Luigi Pirandello, Jorge Luis Borges und Edgar Allan Poe) und gewinnt auf diese Weise Einsichten, die ihn in seiner Unerbittlichkeit und Unbeirrbarkeit gegen die herrschende Meinung nahezu aller politischen Richtungen bestärken.
Aus den Archiven: Paul Auster — Travels in the Scriptorium
Der Mensch und die Texte Über Paul Auster und die Exerzitien der Literaturkritik von Jörg Auberg Wie der Intellektuelle es macht, macht er es falsch«, heißt es in Adornos Minima Moralia. Der Schriftsteller (im Sartre’schen Sinne seinem Wesen nach ein Intellektueller, dem es um die Mitteilung des Nicht-Mitteilbaren »unter Ausnutzung des Anteils an Desinformation...
Christian Brückner: Hinab in den Maelström
Im Maul des Abgrunds Marginalien zum Erzählkonzert »Hinab in den Maelström« von Jörg Auberg Der Begriff des Fortschritts ist in der Idee der Katastrophe zu fundieren. Daß es ›so weiter‹ geht, ist die Katastrophe. Sie ist nicht das jeweils Bevorstehende sondern das jeweils Gegebene. Walter Benjamin1 In seinem Standardwerk zur Erfahrung der Modernität im 19. und 20...
Richard Brautigan: Forellenfischen in Amerika
Trouvailles (I) Vom Spiel mit dem Buch als Buch Nachbetrachtungen zu Richard Brautigans Roman »Forellenfischen in Amerika« von Jörg Auberg Kürzlich erstand ich in dem exquisit bestückten Versandantiquariat Abendstunde, das von Wolfgang Schäfer in Ludwigshafen betrieben wird, ein Exemplar von Richard Brautigans Roman Forellenfischen in Amerika, der 1971 in der...
Richard Ford: Valentinstag
Endstation Realismus Richard Fords Pentalogie über die Mittelschichtsdämmerung von Jörg Auberg In seinem drei Jahre vor seinem selbstgewählten Tod erschienen Essay Was wird Literatur? im Jahre 2001 hielt der Literaturkritiker Lothar Baier der zeitgenössischen Literatur einen »quietistischen Biedersinn« vor. »Kritik im Sinn fundamentaler, von analytischem...
Marseille Transfer
Marseille Transfer Im Labyrinth von Exil und Widerstand während der 1940er Jahre von Jörg Auberg Prolog Im Oktober 1970 schrieb Alfred Kantorowicz zur Vorgeschichte seines Erinnerungsbuches Exil in Frankreich: Merkwürdigkeiten und Denkwürdigkeiten: Die wunderlichen Umstände, die mein Entkommen aus dem besiegten Frankreich nach den USA ermöglichten, liegen jetzt 30...
Thomas Pynchon: Sterblichkeit und Erbarmen in Wien
Seit Jahrzehnten grübeln Pynchonologen darüber, warum Thomas Pynchon die Kurzgeschichte »Mortality and Mercy in Vienna«, die er er 22-jähriger Student im Frühjahr 1959 im Studentenmagazin Epoch der Cornell University veröffentlichte, niemals für eine Republikation in Betracht zog. Für den im Jahre 1984 herausgegebenen Band Slow Learner (dt...
Die Masken des Genies
Die Masken des Genies Thomas Manns Exiljahre in Princeton und Kalifornien von Jörg Auberg In seiner Aphorismensammlung Minima Moralia insistierte Theodor W. Adorno, dass jeder Intellektuelle in der Emigration ausnahmslos beschädigt sei und sich permanent dieser Beschädigung bewusst sein müsse. »Er lebt in einer Umwelt, die ihm unverständlich bleiben muß, auch wenn er...
Mordecai Richler — Eine Straße in Montreal
Erinnerung und Befreiung Mordecai Richlers autobiografische Erzählungen über St. Urbain von Jörg Auberg Das Montrealer Viertel um die St. Urbain Street war – dem kanadischen Filmregisseur Ted Kotcheff zufolge – für Mordecai Richler das, was für William Faulkner Yoknapatawpha war: seine Domäne der Erinnerung und literarischen Fiktion.1 Hatte er sich in seinem...
Philip Oltermann: The Stasi Poetry Circle
Der Club der roten Dichter Philip Oltermann erzählt die seltsame Geschichte eines Stasi-Poeten-Zirkels Wie aus grauer Vorzeit wabern diese Worte in die Gegenwart. »In einer Welt«, schrieben Max Horkheimer und Theodor W. Adorno 1950, »in der die Gedanken mehr als je in Zweckzusammenhänge verflochten sind, genügt es nicht vom Frieden zu reden. Man muß fragen, wer vom Frieden...
Gustave Flaubert — Literatur und Neurose
Wolfgang Haug — Theodor Plievier: Anarchist ohne Adjektive
Der Autor in der Revolte Anmerkungen zu Wolfgang Haugs Biografie über Theodor Plievier von Jörg Auberg »Ein Autor muß seinem Stoff gewachsen sein.« Theodor Plievier 1 In seiner voluminösen Studie Medienintellektuelle in der Bundesrepublik zählte der Historiker Axel Schildt den Schriftsteller Theodor Plievier (1892–1955) zur Gruppe »ehemalige[r] kommunistische[r]...
Nanni Balestrini — Der Verleger
Der Nebel des Grauens Über Nanni Balestrini, Giangiacomo Feltrinelli und verbrannte Hoffnungen Von Jörg Auberg Plötzlich war er verschwunden. Der Text Nanni Balestrinis sollte etwas über die »Generation von 1977« berichten, die Brücke von vergangenen Kämpfen zu den Möglichkeiten der »Widerständigkeit« in der Gegenwart und darüber hinaus schlagen. Das Buch »Where Have...
John Dos Passos — Anatomie einer Metamorphose
Anatomie einer Metamorphose John Dos Passos’ Odyssee durch das 20. Jahrhundert von Jörg Auberg in memoriam Lutz Schulenburg (1953–2013) »Das Leben hat nur eine Form: das Vergessen.« Francis Picabia 1 Wie viele Autoren prägten mich die »besten Zeiten« von John Dos Passos. Nach Ernest Hemingway und Jack Kerouac und vor William S. Burroughs war seine USA-Trilogie mein Begleiter...
Paul Auster — Unsichtbar
Ein Dichter am Rande des Nervenzusammenbruchs Über Paul Austers Roman Unsichtbar Von Jörg Auberg Auf dem Cover des Picador-Bandes mit dem Titel Collected Prose, der autobiographische Schriften, Essays und kürzere Texte Paul Austers versammelt, prangt das schwarzweiße Portrait des Autors als 21-jähriger Student der New Yorker Columbia-Universität aus dem Jahre...
Paul Auster — White Spaces
Auster Vor Auster Rückblick auf Paul Austers frühe Poetische Versuche Von Jörg Auberg Ehe Paul Auster in der Mitte der 1980er Jahre mit seiner New Yorker Trilogie zu einem »Shooting Star« der US-amerikanischen Postmoderne aufstieg, durchlebte er im Jahrzehnt davor eine Existenz als dichtender Hungerkünstler. In einem seiner rückblickenden autobiografischen Texte...
James Joyce — Der Bogeyman der Moderne
Der Bogeyman der Moderne James Joyce und die Abgründe der Politik Von Jörg Auberg »When you tell the Irish that they are slow in recognizing their own men of genius they reply with street riots and politics.«1 Ezra Pound, 1917 »I have no wish to codify myself as anarchist or socialist or reactionary.«2 James Joyce, 1907 Im Oktober 1939, als er Zuflucht in einem Pariser Hotel...
Barry Miles — Call Me Burroughs
Der Autor als Entertainer Barry Miles‘ Burroughs-Biografie von Jörg Auberg In den letzten beiden Dekaden seines Lebens nutzte William S. Burroughs zahlreiche Gelegenheiten, an der eigenen Legende als »Wild Bill Burroughs« und auteur maudit zu stricken und sich als lone wolf in der US-amerikanischen Literatur darzustellen, der gleich einem unerschrockenen...
William S. Burroughs — Naked Lunch: Die ursprüngliche Fassung
Burroughs Revisited Von den Schwierigkeiten der Kulturindustrie im Umgang mit einem »work in progress« Von Jörg Auberg Im Jahre 1959 tauchte William S. Burroughs’ Anti-Roman Naked Lunch auf dem literarischen Markt auf und riss den lange verkannten Autoren aus der Obskurität seines bisherigen Daseins. Betrachteten die einen das Buch als obszönen, pornografischen Schund...