Erinnerung und Befreiung Mordecai Richlers autobiografische Erzählungen über St. Urbain von Jörg Auberg Das Montrealer Viertel um die St. Urbain Street war – dem kanadischen Filmregisseur Ted Kotcheff zufolge – für Mordecai Richler das, was für William Faulkner Yoknapatawpha war: seine Domäne der Erinnerung und literarischen Fiktion.1 Hatte er sich in seinem...
Defining the Age — Daniel Bell, His Time and Ours
Verloren und abtrünnig Daniel Bells Lamento einer verblassten Geschichte von Jörg Auberg Der Sozialwissenschaftler Daniel Bell (1919–2011) gilt als ein prototypischer Repräsentant der New Yorker Intellektuellen des 20. Jahrhunderts, der nicht nur den Weg von der »alten Linken« in den 1930er Jahren zum Neokonservatismus der Reagan-Ära beschritt, sondern auch den...
Hommage an Cineaste
Kritik und Gegenöffentlichkeit Seit 1967 setzt die Zeitschrift Cineaste Massstäbe in der Filmpublizistik von Jörg Auberg »Kurzum, der Filmkritiker von Rang ist nur als Gesellschaftskritiker denkbar.« Siegfried Kracauer 1 Im Sommer 1967 erschien die erste dreißigseitige Ausgabe der New Yorker Filmzeitschrift Cinéaste (damals noch in der französischen...
Philip Oltermann: The Stasi Poetry Circle
Der Club der roten Dichter Philip Oltermann erzählt die seltsame Geschichte eines Stasi-Poeten-Zirkels Wie aus grauer Vorzeit wabern diese Worte in die Gegenwart. »In einer Welt«, schrieben Max Horkheimer und Theodor W. Adorno 1950, »in der die Gedanken mehr als je in Zweckzusammenhänge verflochten sind, genügt es nicht vom Frieden zu reden. Man muß fragen, wer vom Frieden...
Joseph McBride — Billy Wilder: Dancing on the Edge
Vom Zyniker zum Moralisten Joseph McBride und Noah Isenberg werfen einen neuen Blick auf das Werk Billy Wilders von Jörg Auberg In der klassischen Filmgeschichtsschreibung wird Billy Wilder immer wieder als Zyniker etikettiert. In ihrer Geschichte des Films (1962) sahen die beiden Filmhistoriker Ulrich Gregor und Enno Patalas in Filmen wie The Seven Year Itch (1955), Some...
George Orwell: Reise durch Ruinen
In einer Welt der ungeheuerlichsten Verbrechen und Katastrophen George Orwells Reportagen aus deutschen Ruinenlandschaften In seinem letzten »Brief aus London«, den er im Sommer 1945 an die Redaktion der New Yorker Zeitschrift Partisan Review schrieb, verlieh George Orwell seiner Verwunderung Ausdruck, dass in den zurückliegenden Jahren die ungeheuerlichsten Verbrechen...
Helmut Böttiger — Die Jahre der wahren Empfindung
Das Verschwinden der Dialektik Helmut Böttigers »Jahre der wahren Empfindung« von Jörg Auberg »Wer nur etwas von Literatur versteht, versteht auch davon nichts.« Lothar Baier 1 Die Erinnerung an die literarischen 1970er Jahre in Deutschland verbindet sich zum einen mit »Großschriftstellern« wie Heinrich Böll, Günter Grass, Arno Schmidt oder Uwe Johnson und zum...
Buchhandel: Da, wo wir Bücher kaufen
Vom Verschwinden des Buches Ursula Töller: Buchhandel: Da, wo wir Bücher kaufen. Nach einem Besuch der Frankfurter Buchmesse im Jahre 1959 befiel Theodor W. Adorno »eine sonderbare Beklemmung«, die aus dem Umstand herrührte, dass »die Bücher nicht mehr aussehen wie Bücher«. In der globalen Warenwelt war auch das Buch nicht mehr als ein Konsumgut. »Bucheinbände sind...
Der Aufbau-Verlag
Bernd F. Lunkewitz: Der Aufbau-Verlag und die kriminelle Vereinigung in der SED und der Treuhandanstalt. In seiner Farce Gespräche mit Professor Y (Entretiens avec le professeur Y, 1955) konstatierte Louis-Ferdinand Céline: »Alles in allem sieht man, wenn man es genau nimmt, eine ganze Menge Schriftsteller in der Gosse enden, andererseits findet man nur selten...
Gustave Flaubert — Literatur und Neurose
Männer vom Meer
Harry Blomberg: Männer vom Meer. Eine Erzählung von den Färöern. Aus dem Schwedischen von Ernst Fall Durchgesehen von Klaus-Jürgen Liedtke. Als der schwedische Autor Harry Blomberg im Jahre 1950 im Alter von 56 Jahren starb, erschien selbst in der New York Times am 2. Februar 1950 eine kurze Notiz: »Harry Blomberg, schwedischer Autor« habe zunächst als...
Ulrich Alexander Boschwitz — The Passenger
Ingrid Gilcher-Holtey — Warten auf Godot?
Furien des Verschwindens Anmerkungen zu einer Anthologie der »Intellectual History« nach 1968 von Jörg Auberg »Wie der Intellektuelle es macht, macht er es falsch.« Theodor W. Adorno 1 Im Wortschatz der New Yorker Intellektuellen, bemerkte Eugene Goodheart in einem kurzen Abriss ihrer Geschichte, bezeichnete der Begriff »Akademiker« stets das...
Wolfgang Haug — Theodor Plievier: Anarchist ohne Adjektive
Der Autor in der Revolte Anmerkungen zu Wolfgang Haugs Biografie über Theodor Plievier von Jörg Auberg »Ein Autor muß seinem Stoff gewachsen sein.« Theodor Plievier 1 In seiner voluminösen Studie Medienintellektuelle in der Bundesrepublik zählte der Historiker Axel Schildt den Schriftsteller Theodor Plievier (1892–1955) zur Gruppe »ehemalige[r] kommunistische[r]...
Axel Schildt — Medien-Intellektuelle in der Bundesrepublik
Fatale Kontinuitäten Über Axel Schildts Studie der »Medien-Intellektuellen« in der Bonner Republik von Jörg Auberg »Der Intellektuelle ist ein paradoxes Wesen.« Pierre Bourdieu 1 Im Sommer 1974 erstand Paul Auster nach seiner Rückkehr aus Frankreich in die USA von einem Freund eine gebrauchte Olympia-Reiseschreibmaschine, da seine vorherige Hermes...
Benjamin Moser — Sontag: Her Life
Eine dunkle Dame in Manhattan Marginalien zu Benjamin Mosers Biografie über Susan Sontag Von Jörg Auberg In einem wegweisenden Essay unter dem Titel »The Dark Lady of Salem« bezeichnete Philip Rahv, einer der Gründer und Mitherausgeber der legendären Zeitschrift Partisan Review, Nathaniel Hawthorne als den »Romancier der Sünde«, dessen literarischer Kosmos von...
Nanni Balestrini — Der Verleger
Der Nebel des Grauens Über Nanni Balestrini, Giangiacomo Feltrinelli und verbrannte Hoffnungen Von Jörg Auberg Plötzlich war er verschwunden. Der Text Nanni Balestrinis sollte etwas über die »Generation von 1977« berichten, die Brücke von vergangenen Kämpfen zu den Möglichkeiten der »Widerständigkeit« in der Gegenwart und darüber hinaus schlagen. Das Buch »Where Have...
John Dos Passos — Anatomie einer Metamorphose
Anatomie einer Metamorphose John Dos Passos’ Odyssee durch das 20. Jahrhundert von Jörg Auberg in memoriam Lutz Schulenburg (1953–2013) »Das Leben hat nur eine Form: das Vergessen.« Francis Picabia 1 Wie viele Autoren prägten mich die »besten Zeiten« von John Dos Passos. Nach Ernest Hemingway und Jack Kerouac und vor William S. Burroughs war seine USA-Trilogie mein Begleiter...
Nancy Sinkoff — From Left to Right
Eine graue Eminenz in New York Lucy Dawidowicz und die »Verteidigung aller Juden« von Jörg Auberg In den einschlägigen Historiografien über die New Yorker Intellektuellen1 taucht Lucy Dawidowicz‘ Name nicht auf. Obwohl in den 1970er Jahren ihre Studie The War Against the Jews 1933–1945 zum Bestseller wurde und die »ethnische Wende« vieler New Yorker...
Andrew Rubin — Archives of Authority
Spuren der Vergangenheit Andrew Rubin analysiert die intellektuelle Kultur im Zeitalter des Kalten Krieges von Jörg Auberg Als die amerikanische Zeitschrift Ramparts im Jahre 1967, auf dem Höhepunkt des Vietnamkriegs, die Abhängigkeit vieler westlicher Intellektueller vom amerikanischen Geheimdienst CIA offenlegte, war die Empörung groß. Nach dem Ende des Zweiten...